1. Bemerkungen zum Vogelzug

Unsere Vögel sind zu 55% Zugvögel. 2/3 der Vogelarten ziehen in der Nacht. Tags kann man vor allem Finkenvögel, Greifvögel und Schwalben ziehen sehen. Bei schönem Wetter fliegen die Vögel so hoch, dass man sie nicht einmal mit dem Feldstecher ausmachen kann. Bei schlechtem Wetter fliegen sie höchstens 200 – 400 m über Boden, wenn überhaupt. Oft warten sie in einem geeigneten Lebensraum (Acker, Feuchtgebiet, Baum …) auf günstigere Verhältnisse.

Der Grund für den Vogelzug ist die Nahrungsverfügbarkeit.  Vor allem an Insekten und geeigneten Körnern fehlt es bei uns im Winter.

Standvögel sind diejenigen, die wir während des ganzen Jahres bei uns beobachten.  Sie sind die Standhaften, die mit unseren Gegebenheiten zurechtkommen. 

Langstreckenzieher reisen früh sehr weit. Es sind vor allem Watvögel und Insektenfresser. Viele von ihnen sind Rekordhalter: Die Küstenseeschwalbe fliegt 96’000 km jährlich. Pfuhlschnepfen ziehen von Alaska nach Neuseeland, 13’500 km, nonstop.

Der junge Kuckuck fliegt später als die Altvögel und findet den Weg hin und auch wieder zurück. Erstaunlich!

Kurzstreckenzieher haben eine Zugstrecke bis etwa 2000 km, z. B. die Feldlerche, die Buchfinken und Rotkehlchen. Die Rotkehlchen, die bei uns überwintern und fröhlich singen, kommen von Norden her und sind viel zahmer als unsere, die für den Winter nach Süden ziehen.

Teilzieher sind die Arten, deren einige Mitglieder wegziehen und andere bleiben. Die Mönchsgrasmücke ist unterdessen zu einem der häufigsten Vögel bei uns geworden. Auch Buchfinken zeigen dieses Verhalten. Es gibt Vorteile und Nachteile je nach Härte des Winters, Gefahren des Zugs, als erste die besten Brutplätze besetzen können …

Die Hauptrichtung der Zugwege führt von NO nach SW entlang der Alpen,

in Graubünden auch über die Alpenpässe. Beste Chancen, Zugvögel zu beobachten, hat man im Engadin vor allem am Malojapass.

 

  1. Im Churer Rheintal

sind Feuchtgebiete, Äcker, Wiesen und feuchte überschwemmte Grasflächen ideal, um Zugvögeln zu begegnen vor allem auch in den Gebieten Siechenstuden, Cazis Munté, Untervaz, Zizers und auf den Feldern um die Rohanschanze, auch in den Weinbergen und den Witenen. Ein paar Besonderheiten:

  • Stare brüten früh, ziehen im Sommer Richtung Holland und kommen zur Traubenreife zurück.
  • Seltene Reiherarten ziehen nicht nur durch, sondern brüten auch vereinzelt in der Schweiz.
  • Insektenfressende kleine Vögel nehmen in ihrem Bestand ab.
  • Der Pirol brütet in tieferen Lagen, zieht aber über die Alpen, so dass die Aussicht besteht, ihn zu sehen.
  • In diesem Frühling konnte zum ersten Mal eine Kalanderlerche in Graubünden beobachtet werden. Auch Ortolane, ganz sicher Steinschmätzer, die bei uns abwarten müssen, bis die Höhe schneefrei und bewohnbar ist oder bei erneuten Wintereinbrüchen von den Höhen fliehen müssen, suchen Nahrung auf den Feldern im Tal. Seglerbeobachtungen im September deuten auf Alpensegler, weil die Mauersegler schon sehr früh wieder nach Süden wandern.
  • Im Frühling kann man in den Weinbergen manchmal Turteltauben sehen.
  • Kraniche ziehen in klar definierten Korridoren, die nicht durch GR führen. Man kann hier aber immer wieder kleine Gruppen «Querzieher» entdecken. Sie ziehen oft auch nachts, man hört ihr «Kru-kru» aber gut – natürlich nur wenn man nicht schläft.
  • Weihen kann man von März bis Anfang Mai beobachten.
  • Wenn die Maikäfer fliegen, kommen auch die Rotfussfalken.

 

  1. Wintergäste

Was treibt die Vögel, bei uns zu bleiben oder gar aus dem Norden hier zu überwintern? Für die nordischen Vögel ist es hier auch im Winter warm und frühlingshaft. Das gilt für den Raubwürger, der in der Schweiz ausgestorben ist, aber an gewissen Orten in GR überwintert. Auch eine Kornweihe wählte die Gegend bei der Rohanschanze als Überwinterungsgebiet. Eine Zwergschnepfe verbringt den Winter in Arosa an einem nicht zufrierenden Bach. Am Inn und in Arosa kann man Bekassinen treffen, alle paar Jahre gibt es Invasionen von Bergfinken oder Seidenschwänzen. Die Rotdrosseln sind oft auch nicht so heikel und Eisvögel kann man immer wieder beobachten, wenn nicht alle Gewässer gefroren sind. Am 6.12.2020 wurden etliche Goldregenpfeifer zwischen Landquart und Maienfeld gesichtet und im 2021 überwinterte eine Rohrdommel in den Siechenstuden. Wasseramseln ziehen von hohen Lagen ins Churer Rheintal. Man hat aber auch Nachweise von Wasseramseln, die sehr weit ziehen.

 

Das ist nur ein Teil der zahlreichen spannenden Informationen, die Christoph Meier den Zuhörenden geboten hat. Mit den ausserordentlichen Bildern zusammen, die man auf vogelfoto.ch bewundern kann, ergab es einen reichen, eindrücklichen Abend.

Was können wir tun, um den Vögeln zu helfen? Unsere Gärten so bepflanzen, dass Insekten angezogen werden.

Übrigens: Elstern gibt es gar nicht so viele, wie wir immer denken. Sie sind intelligente Wesen und merken, dass sie von den Menschen profitieren können, also halten sie sich in ihrer Nähe auf. 

 

Rita Tanner